5.7.2021 Tag 118 “Urwald Lösershag”
Am Morgen ist es feucht und neblig, genau das richtige Wetter für einen urigen Buchenwald! In dieser Region liegen eine ganze Reihe von Schutzgebieten übereinander: Das Naturschutzgebiet Schwarze Berge, ein FFH-Gebiet, das Biosphärenreservat Bayerische Rhön und teilweise das Naturwaldreservat Lösershag. Ganz schön viel Schutz eigentlich! Im Biosphärenreservat sollen ja 3 % der Fläche komplett aus der Nutzung genommen werden. Das sind hier immerhin 3889 ha, die sich auf 56 einzelne Kernzonen verteilen. Aus der Nutzung genommen? Eine Tafel verrät, dass Fichten in der Kernzone gefällt werden, mit der Begründung die Entwicklung zum Buchenwald schneller einzuleiten. Später sehe ich an etlichen Stellen die Spuren der Fichtenentnahme, sogar in Bereichen, die bereits jetzt vom Laubwald dominiert werden. Natürlich ist die Holzernte immer mit der Befahrung der Waldböden verbunden. Es stellt sich mir die Frage, ob man im Staatswald hier nicht genügend alte Buchenbestände hätte finden können, die als Kernzone besser geeignet wären, als die Fichtenbestände, die jetzt teilweise in den Kernzonen liegen. Aber wenn es denn wirklich nicht ohne die Fichten geht, kann man in den Kernzonen nicht einfach mal beobachten was passiert? Müssen wir wirklich ständig in der Natur rumpfuschen, sogar in Bereichen, wo das eigentlich unterbleiben soll?
Bald gelange ich zum Naturwaldreservat Lösershag, wo ich schon gestern vorbei gekommen war. Die 68 ha große Fläche ist durch einen etwa zwei Kilometer langen Rundweg erlebbar. In Bayern gibt es 149 Naturwaldreservate auf insgesamt 6124 ha, die wie auch anderswo, größtenteils in den achtziger Jahren ausgewiesen wurden. Der „Urwald“ Lösershag ist aber kein Urwald, wenn auch die blocküberlagerte Zone um den Gipfel wohl immer schon extensiv bewirtschaftet wurde. Nichts desto trotz ist das NWR sehr sehenswert mit viel Totholz und alten Bäumen. Besonders freut mich, dass die Eschen hier noch recht vital scheinen. Auch Bergulmen gibt es reichlich, wenn auch keine ganz alten Exemplare.
Schließlich wandere ich durch den Wald abwärts nach Oberwildflecken, wo ich mich im Industriegebiet während eines Schauers unterstelle und meinen Blogpost von gestern absetze. Dabei trifft Spritzwasser den Laptop und ich beeile mich alles wieder einzupacken…
Heute geht immer wieder mal ein Schauer runter nd die Sonne zeigt sich kaum. Aber auch so ist die durch ausgedehnte Wiesenbereiche charakterisierte Rhön sehr attraktiv. Das „Land der offenen Fernen“ wie die Rhön auch genannt wird. Der Waldanteil von 40 % ist im Vergleich zu anderen Mittelgebirgen ziemlich niedrig. Bei Oberweißenbrunn gelange ich auf den Fernwanderweg Hochrhöner, dem ich ab jetzt einige Zeit folgen werde. Hinter dem Ort steige ich auf zum Himmeldunkberg, der ziemlich waldfrei ist. Rinder und Pferde weiden und aus dem hohen Gras ertönt der Ruf des Wachtelkönigs.
Zurück in Hessen treffe ich Pavel, einen polnischen Wanderer und steige dann Richtung Heidelstein auf. Schon recht früh schlage ich mein Tarp in einem Fichtenbestand auf. Es riegnet immer mal wieder, aber vergleichsweise wenig.