4.4.2021 Tag 36 Im Urwaldrevier Saarland
Morgens gegen 8:30 erscheint Winfried Lappel, seit zwei Jahren Leiter des Urwaldreviers Saarland, am Forsthaus Wolfgarten. Vor etwa 20 Jahren wurden hier zunächst 300 Hektar auf Anregung des NABU aus der forstlichen Nutzung genommen, nur einige Jahre später wurde der „Urwald“ dann auf die heutigen 1070 ha erweitert.
Um 9 erscheint der saarländische Umweltminister Reinhold Jost mit seiner Frau, und hat als kleines Präsent ein Osterkörbchen dabei, eine nette Geste!
Wir haben vor, bei herrlichem Wetter eine etwa 10 Kilometer lange Runde unter der Führung von Winfried zu laufen. Es wird hier zwar kein Holz mehr geerntet, aber Verkehrssicherungsmaßnahmen werden noch an den Wegen durchgeführt und auch junge Eichen mit Zäunen geschützt. Die Förderung von Eichen finde ich zwar grundsätzlich gut, aber ein solches „Wildnisgebiet“ kann uns auch viel darüber sagen, wie sich die Natur ohne menschliche Eingriffe entwickelt. Daher sollte man meiner Ansicht nach in solchen Bereichen so wenig wie möglich in die natürliche Entwicklung eingreifen. Lange Zeit wurde im Urwald auch nicht mehr gejagt, erst seit zwei Jahren finden wieder zwei größere Jagden im Jahr statt. Nach Aussage von Winfried waren die Wildschweine, die hier zwischen Autobahnen eingezwängt sind, am Verhungern, daher hat man beschlossen, eine Populationsreduktion durchzuführen.
Das man einen „Urwald vor den Toren der Stadt“ mit Tausenden von Besuchern im Jahr, auch was das Theme Verkehrssicherung angeht, nicht komplett als Wildnis behandeln kann, liegt auf der Hand. Gerade dieses Thema diskutiere ich kontrovers mit dem Minister und plädiere dafür, die gerichtlichen Einstufungen von herabfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen als waldtypische Gefahren, die Besucher hinnehmnen müssen, nicht einfach zu ignorieren. Natürlich dürfen die Förster in dieser Frage nicht alleine gelassen werden, eine Richtlinie des Ministeriums, die die Verkehrssicherung weniger eng, als zur Zeit definiert, könnte hier helfen.
Ich nutze die Gelegenheit zu längeren Gesprächen mit dem Minister. Hierzu muss man wissen, dass das Saarland in den 80’ er Jahren unter den Bundesländern der Pionier bei der naturnahen Waldnutzung war, und diese Tradition dann über die Zeit hinweg fortgesetzt hat. So gilt bei Saarforst ein Mindestabstand von 40 Metern bei Rückegassen, der Laubwaldanteil wurde kontinuierlich gesteigert und liegt bei 70 % und die Holzvorräte sind viel höher als im deutschen Durchschnitt und sollen weiter gesteigert werden, auch unter dem Gesichtspunkt der Kohlenstoffspeicherung.
Für ein relativ „klammes“ Land ist es nicht selbstverständlich, dass Millionenverluste von Saar- Forst hingenommen werden, ohne zu versuchen mit höheren Einschlägen das Defizit auszugleichen. Der Minister will den Anteil von Wildnisgebieten und nutzungsfreien Wäldern im Saarland weiter steigern. Schon jetzt werden 10 % des Staatswaldes nicht mehr genutzt, und eine flächenmäßige Verdopplung des Urwalds wurde bereits verkündet.
Interessanterweise weiss Minister Jost, dass ich Windkraftwerke im Wald teilweise kritisch sehe. Ich betone, dass ich es vor allem für wichtig halte, große Waldgebiete ganz ohne Windräder zu belassen und sage dass dies auch für ein Heimatgefühl wichtig ist.
Das aktuelle Thema der Honorierung von „Ökosystemleistungen“ des Waldes hält der Minister für sehr wichtig. Ich betone in diesem Zusammenhang, dass in jedem Fall die Auszahlung von Geldern an klare Kriterien, wie die Schaffung von Mischwald, den Vorrrat der Laubwälder oder das Vorhandensein von Biotopbäumen und Totholz gebunden sein sollte.
Erst gegen 14 Uhr sind wir wieder am Forsthaus wo sich unsere Wege trennen.
Einige Kilometer laufe ich noch durch die schönen Saarwälder, bis ich in einem Esskastanienwald mit einigen Buchen mein Lager aufschlage.
Urwaldrevier Saarland
Genau!
Vielen Dank für den informativen Artikel! Toller Tipp.
Vielen Dank!