31.05.2021 Tag 86 Ein ganz besonderes Bewirtschaftungskonzept Im Waldbetrieb Eichelberg
Nach nur 10 Wanderkilometern treffe ich im Waldbetrieb Eichelberg ein, einem Privatwald mit 225 ha Fläche, den der Forstwissenschaftler Peter Langhammer bereits seit 1998 bewirtschaftet. Damals dominierte hier mit über 50 % die Fichte, heute stellt sich der Betrieb als buchen- und weißtannendominierter Mischwald da, in dem es auch einen nennenswerten Eichenanteil gibt. Auch die Fichte ist noch vorhanden, allerdings mit sehr stark rückläufiger Tendenz, vor allem in der nächsten Waldgeneration. Außer dem Sturm Sabine im letzten Jahr gab es hier zwar keine flächigen Windwürfe, dennoch wurde die Fichte stärker genutzt um den anderen Baumarten mehr Raum zu geben. Zusätzlich wurde eine Zeit lang die Rehwildbejagung stark intensiviert. Heute ist überall eine üppige Naturverjüngung mit sehr hoher Weisstannenbeteiligung vorhanden. Mit Ausnahme der Einbringung einiger Eichen, und seltener Baumarten wie Eibe und Bergulme, wird so gut wie gar nicht gepflanzt. Obwohl bei einem konsequenten Rückegassenabstand von 40 Metern Harvester hier fast gar nicht arbeiten und die bewährten Lohnunternehmer gut bezahlt werden, erzielt der Betrieb etwa um 30 % höhere Gewinne, als vergleichbare Privatwaldbetriebe. Dies liegt zum Einen in der Minimierung der Kosten für Pflanzungen und deren Schutz, aber auch daran, dass Peter staatliche Förderinstrumente für seinen sehr stark naturschutzorientierten Waldbau konsequent ausnutzt. Sowohl die Herausnahme ganzer Flächen aus der Bewirtschaftung wie auch die Ausweisung von Habitatbäumen und bewusst belassenem Totholz, ebenso wie die Etablierung von Naturverjüngung werden in Bayern staatlich gefördert.
So sind zum jetzigen Zeitpunkt bereits 5 % der Fläche aus der forstwirtschaftlichen Nutzung entlassen worden, und 10 % werden angestrebt. Darüber hinaus wurden bisher etwa 1500 Habitatbäume markiert und die gleiche Anzahl an stehendem und liegendem Totholz.
Peter hat ein wegweisendes Konzept für eine wirklich umfassend nachhaltige Waldbewirtschaftung erstellt, welches er zur Zeit vor allem unter dem Eindruck des Klimawandels stark überarbeitet, und was dann auch im Internet zu finden sein wird Sehr empfehlenswerte Lektüre!
Dabei findet die Berücksichtigung von Naturschutzaspekten die hohe Bedeutung, die ihr eigentlich überall zukommen sollte.
Mindestens 10 Habitatbäume pro Hektar werden markiert. Dabei sind auch gesunde, vitale Bäume, die hoffentlich sehr alt werden und zu markanten Baumgestalten heranreifen, von denen hier schon jetzt eine ganze Reihe vorhanden sind. Ein Totholzvorrat von mindestens 10 % der gesamten Holzmasse wird angestrebt, das sind je nach Alter 40 bis 60 Kubikmeter pro Hektar. Ein Vielfaches der heute in der Regel im Wirtschaftswald vorhandenen Menge! Der Betrieb nimmt am wissenschaftlichen Bioholzprojekt teil, so dass auch aus Forschungsergebnissen vor Ort, die überragende Bedeutung toten Holzes nachgewiesen wurde. Dies gilt sowohl für die Lebensraumfunktion für zahlreiche Organismen, aber auch als Beitrag für die Erhaltung und Vitalisierung gesunder Böden, ein Faktor, den man gerade unter Klimaschutzaspekten kaum überschätzen kann.
Peters Waldbewirtschaftungsansatz ist sehr stark prozessschutzorientiert. Es finden weder Z-Baummarkierungen noch stark auf die Holzqualität bezogene Eingriffe nach dem Grundsatz der ANW „ Das Schlechte fällt zuerst“ statt. Aber natürlich werden auch hier Pflegeeingriffe durchgeführt, wenn auch weniger intensiv, als dass häufig der Fall ist. Oft wissen wir nicht, ob nicht bestimmte, zur Anpassung an den Klimawandel notwendige Eigenschaften, gerade auch bei Bäumen mit aus Holzverwendungssicht nicht optimalen Wuchsformen vorhanden sind. Daher vermeidet die Waldbewirtschaftung hier bewusst Eingriffe die zur Homogenisierung führen.
Insgesamt ist Eichelberg ein wunderschöner Wald, gerade das nebeneinander von Eichen und Tannen finde ich ziemlich aussergewöhnlich.
Die Zeit verflliegt im Flug und erst am Abend bringt Peter mich nach Neuschönau, wo ich an den kommenden beiden Tagen bei einem Fernsehbeitrag für das ZDF-Kindermagazin „Pur Plus“ mitwirke. Sehr spannend, und ich freue mich schon darauf, dass wir Waldthemen kindgerecht darstellen können.
Das Drehteam ist sehr nett und wir sitzen beim Essen zusammen, bevor ich schließlich mein Hotelzimmer beziehe.