26.03.2021 Tag 27 Vom Rhein in den Soonwald
In der Nacht höre ich es häufig im Laub Tapsen und als ich mich dann gegen morgen, noch in der Dunkelheit aus dem Schlafsack wälze, höre ich ein kurzes Grunzen und ein Wildschwein in der Nähe nimmt reißaus!
Ich bin noch ziemlich lange bis Lorch unterwegs. Einmal komme ich am hohlen Rest einer riesigen Eiche vorbei. Schade!
In Lorch kaufe ich erst einmal ein, und genieße dann auf dem Parkplatz einen Liter Orangensaft und ein Zwiebelbaguette in der Sonne. Erst um 10:20 setze ich mit der Fähre über den Rhein.
Von Niederhambach, auf lediglich etwa 50 Meter Höhe, geht es jetzt lange bergauf bis in den Soonwald auf fast 650 Meter. Kein großer Anstieg im Vergleich zu den Alpen, wo ich im letzten Sommer 4 Monate lang im Schnitt jeden Tag 1250 Meter bergauf gelaufen bin, aber genug um ins Schwitzen zu kommen.
Eine ziemlich dicke Blindschleiche liegt unbeweglich auf dem Weg. Erst als ich sie mit meinem Wanderstock behutsam anstupse, kommt Leben in das Tier, was eigentlich eine beinlose Eidechse und keine Schlange ist.
Einige uralte Bäume stellen alte Grenzmarkierungen dar. Solche „Methusalems“ findet man leider viel zu selten in unseren Wäldern!
Langsam erscheint auch wieder mehr Fichtenwald. An einer Stelle sind Douglasien ohne jeden Schutz gepflanzt, sowie Buchen unmittelbar benachbart. Im Zaun auf der anderen Wegseite gibt es dagegen frisch gepflanzte Esskastanien. Offenbar bemüht man sich hier, einen gemischteren Wald zu erhalten. Noch besser wäre es allerdings, wenn die Baumarten enger miteinander verzahnt wären, so dass wenn eine Art ausfällt, die andere übernehmen kann.
Am Kandrich stehen viele Windräder auf ehemaligen Kalamitätsflächen. Ausser einigen Douglasien, die in kleinen Hordengattern gepflanzt wurden, wird hier die nächste Waldgeneration im Wesentlichen auch wieder aus Fichten bestehen…
Nichts desto trotz meint man es hier mit dem Waldumbau ernst. Großflächig wachsen Trupps von Buchen unter alten Fichten und es gibt sogar Eichen in kleinen Holzgattern!
Hier sehe ich auch einige Fichten, die jetzt erst rot werden und die Rinde abwerfen. Das war die Borkenkäfergeneration, die unter der Rinde überwintert hat…
Offene Flächen, die schon länger bepflanzt sind, zeigen, wie hier im Stadtwald Ingelheim erfolgreich Mischwald etabliert wurde.
An der Emmerichshütte gibt es eine Holzkiste mit netter Aufschrift, hier können Kinder gesammelte Eicheln und Bucheckern für die Aussaat deponieren und werden mit einem Glas Wildwurst belohnt! Eine tolle Idee vom Förster Florian!
Zweimal begegne ich Wanderern, die für einige Tage unterwegs auf dem Soonwaldsteig sind, ansonsten ist auch an einem Freitagnachmittag hier wenig Betrieb. Als ich an einem Auto mit Forstverwaltungsschild vorbei komme, spricht mich der junge Förster Jan Hannappel an, der schon von meinem Projekt gehört hat. Das gefällt mir sehr gut, denn ich halte die Forstleute für sehr wichtig, wenn es um den Wald geht! Auch wenn ich mich vielleicht manchmal etwas negativ äußere, viele Leute, die im Wald arbeiten, sind sehr engagiert und haben Respekt verdient!
Es gibt hier einige Naturwaldreservate die schon seit 30 Jahren nicht mehr bewirtschaftet werden und mit ihren über 200 jahren sehr viel Totholz aufweisen. Trotz des offensichtlichen, ökologischen Werts gibt es in der Nähe Windräder. Auch wenn man es in einem Bundesland mit über 40 % Waldanteil wohl nicht ganz vermeiden kann, Windenergieanlagen im Wald zu errichten, sollten meiner Meinung nach gerade die großen Waldgebiete, mit intakten Beständen, vor allem mit altem Laubwald, ganz von der Windkraft verschont werden. Ich war schon mal auf dem Soonwaldsteig, vor dem Bau der Anlagen und das hat mir deutlich besser gefallen. Die akustischen und ästethischen Auswirkungen der Windräder sind immens.
Nichts desto trotz sehe ich in einem Bestand in der Nähe der Windräder zwei Kolkraben kurz hintereinander stumm abfliegen und entdecke dann ihr wahrscheinliches Nest direkt neben dem Weg. Die Raben brüten schon früh, wahrscheinlich haben sie bereits Junge.
Schließlich erreiche ich den Schanzerkopf, wo ich mich noch mit einem Mountainbiker unterhalte, der offensichtlich inspiriert von meinem Projekt ist. Sehr schön!
Auf der Veranda einer nahe gelegenen Hütte schlage ich dann in der Dämmerung mein Lager auf.
Was für eine Eiche!
Naturnaher Bach
Rheinfähre
Blick zurück
Der Weißdorn treibt aus
Blindschleiche
Grenzbaumruine
Gepflanzte Douglasien
Esskastanien im Zaun
Buchenpflanzung
Ins Windradgebiet
Altes Katastrophengebiet – Wieder überwiegend Fichte
Wenige Douglasien wurden im Zaun eingemischt
Huflattich
Soonwaldsteig-Wanderer
Junge Buchen in Trupps unter Fichten
Sogar Eichen wurden eingemischt
Absterbende Fichte durch Borkenkäferfraß
Grenzbaum
Eichenetablierung in sehr kleinen Hordengattern
Neue Elemente
3×3
Tolle Idee von Förster Florian
Nett gemacht!
Soonwaldsteig
Förster Jan
Wasser im Wald halten!
Der Schwarzspecht hat nach Rossameisen gesucht
Kolkrabennest
Naturwaldreservat
Land der Windräder…
Alte Buchenwälder
Mit dem Mountainbike unterwegs
Nachtlager
Als sehr begeisterter täglicher Mitleser möchte ich mich zwischendurch einfach mal bedanken für die Einbklicke und "Aha-Infos", die ich hier jeden Tag erhalte. Ich bin mir sicher, dass auch ich nach dieser Tour einen völlig neuen Blick auf den (in meinem Fall österreichischen) Wald habe.
Ich habe in den letzten beiden Jahren Deutschland der Länge nach zu Fuß durchquert (am E1) und habe einige sehr bleibende Eindrücke von Deutschlands Wändern erhalten. Aus dem Gedächtnis zum Beispiel die Waldplantagen (copyright Wohlleben) in Niedersachsen im Süden von Celle, wo man mehrere hundert Meter durch die in Reih' und Glied stehenden Bäume durchsieht. Oder das ungewohnte Bild in südlicheren Abschnitten, wo man oberhalb des Forstweges Fichten sieht, und unterhalb des Weges alte Laubwaldbestände … und zu guter Letzt eine bleibend schöne Erinnerung ist der vom Hessischen Landesforst betreute nördlichste Abschnitt des Odenwaldes im Süden von Frankfurt.
Der heutige Beitrag hat meine Neugier geweckt: Da ich selbst 4 Monate in den Alpen unterwegs war, würde es mich interessieren, ob es von der Alpentour auch ein Tourtagebuch gibt.
Vielen Dank nochmals und alles Gute aus Kärnten!
Ja, gibt es unter Trekking Wild bei Blogspot! Danke für den netten Kommentar!
Lieber Gerald,
ich hatte heute das Vergnügen mit Dir durch den Nationalpark Hunsrück-Hochwald wandern zu dürfen. So bin ich nun auch ein kleines Puzzlesteinchen bei Deinem phantatischen Projekt. Es war ein sehr angeregter, sympathischer Gedankenaustausch auf fachlich hohem Niveau! Ich hatte das Gefühl, dass wir, was den Umgang mit dem Wald angeht auf einer Wellenlänge sind 🙂 und dass wir noch stundenlang hätten weiter diskutieren können.
Ich bin nach diesem Treffen überzeugt davon, dass Du ein hervorragender „Waldbotschafter“ bist. Deshalb drücke ich dir die Daumen, dass weiterhin alles gut klappt und die mediale Aufmerksamkeit immer größer wird. Denn wenn Du die 6.000 km geschafft hast, wird es wenige Forstleute geben, die so authentisch über den Zustand des deutschen Waldes berichten können!!!!
Herzliche Grüße
Claus-Andreas
P.S.: Ich bin tief beeindruckt, wie Du das mit der Medienarbeit machst. Alleine die Tatsache, dass Du solche Wanderstrecken hinlegst und bei Wind und Wetter draußen übernachtest ist ja schon eine große Leistung. Aber dabei noch andauernd Pressetermine wahrzunehmen, Fotos zu machen, kleine Videos zu drehen, abends (nach einer tagelangen Wanderung) alles im „Waldbüro“ zu verarbeiten. Wow, davor habe ich größten Respekt. Das muss man erst mal hinbekommen…….
Vielen Dank für den netten Kommentar lieber Claus-Andreas! Es hat mir mit dir auch großen Spass gemacht und es ist schön zu sehen, dass es in RLP Forstleute wie dich gibt, die sich voll für den Wald einsetzen und ihn nicht lediglich als "Holzfabrik" sehen!