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20.10.2021 Tag 217 Über den Elm nach Sachsen-Anhalt – Waldbegeisterung

20.10.2021 Tag 217 Über den Elm nach Sachsen-Anhalt

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Wie immer bei den kurzen Tagen jetzt, breche ich bereits in der Dunkelheit auf. Als es hell wird, bestätigt sich der Eindruck, den ich bereits gestern erhalten hatte: Es gibt im Elm kaum noch alte Buchenbestände! Das hatten mir ja auch Karl- Friedrich Weber, der das Gebiet seit Jahrzehnen sehr gut kennt, und Forstamtsleiter Andreas Baderschneider gesagt. Als dieser zum ersten Mal in den Elm kam, gab es noch alte, geschlossene Buchenbestände  auf großer Fläche. Das hat sich augenscheinlich in nicht einmal 40 Jahren radikal geändert.

Wie kann so etwas sein? Ganz sicher sind viel zu hohe Nutzungsvorgaben die Hauptursache. Leider wird in der Forstwirtschaft noch immer ganz ähnlich wie in der Landwirtschaft gedacht. Man pflanzt, pflegt und erntet schließlich das reife Holz und der Zyklus geht von vorne los. Aber eine dem Ökosystem Wald gemäße Bewirtschaftung hat als oberstes Ziel den Dauerwald, in dem ständig starkes Holz geerntet werden kann, und dennoch der Wald nicht erschöpft wird, weil ständig etwas von unten nachwächst. Das das tatsächlich gut funktioniert, habe ich auf meiner Wanderung ja in etlichen Betrieben gesehen. Viele Landesforstbetriebe haben heute in ihren Geschäftsanweisungen tatsächlich das Leitbild einer naturnahen Forstwirtschaft. In der Realität wird dieses aber häufig von einer forstlichen Planung konterkariert, die den Wald eher als Holzacker, als als nutzbares Ökosystem sieht. Gerade auch unter den Bedrohungen der Klimakrise, denen ein stabiler, gemischter Dauerwald sicher eher stand hält, sollte sich dieses Denken rasch ändern!

Auch im Elm ist in Summe wahrscheinlich nicht mehr Holz geerntet worden, als nachwächst, die sogenannte Mengennachhaltigkeit wurde also wohl gewahrt. Aber die Wertnachhaltigkeit, die ganz entscheidend vom Vorhandensein  alter, dicker Bäume beeinflusst wird, scheint hier auch aus rein ökonomischer Sicht verletzt zu sein. Von den Auswirkungen auf die zahlreichen Organismen, die auf alte Buchenwälder angewiesen sind, mal ganz abgesehen…

Irgendwann gelange ich in einen Bereich, in dem frisch hauptächlich Buchen gefällt wurden und in dem das Rücken des Holzes an den festen Weg noch nicht abgeschlossen ist, da ich einen Rückezug bei der Arbeit sehe. Natürlich schaue ich mir die Maßnahme näher an. Es wurden durch die Dürre geschwächte und auch teilweise bereits abgestorbene Bäume gefällt. Die meisten Stämme zeigen beginnende Holzfäule, daher ist der Wert des Holzes bereits stark vermindert. An etlichen Stellen wurden mehrere nebeneinander stehende Stämme gefällt. Dadurch wurde teilweise ein neuer Rand zu einem angrenzenden, noch intakten Bestand geschaffen. Da wie schon oft beschrieben, die Buchen empfindlich auf so plötzliche Freistellungen reagieren, ist damit zu rechnen, dass hier ein Dominoeffekt einsetzt, das heißt die Bäume die jetzt einseitig frei stehen, sind wahrscheinlich die Nächsten, die absterben. 

Warum macht man so etwas?

Ein Hauptargument ist, dass man die Zugänglichkeit der Bestände erhalten will. Wenn überall tote Bäume stehen, sind unter Umständen auch Pflegearbeiten aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Weiterhin geht es natürlich auch um den Holzgelderlös der Buchen. Dieser ist aber wie beschrieben, häufig schon stark gemindert. Diesem relativ geringem möglichen Erlös stehen höhere Erntekosten gegenüber, da die geschwächten Buchen mit ihren teilweise oder völlig abgestorbenen Kronen nur noch mit großem Sicherheitsaufwand gefällt werden können. 

Im Einzelfall kann es in der Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte tatsächlich mal geboten sein, solche geschädigten Bäume zu fällen. Aber für mich muss eines absolute Priorität haben: Das Vermeiden des beschriebenen, möglichen Dominoeffekts um jeden Preis! Das heißt geschädigte Ränder zu noch halbwegs geschlossenen, intakten Beständen müssen in jedem Fall stehen bleiben! Auch in allen noch halbwegs gesunden Altbeständen sollte man zur Zeit kein Holz einschlagen, wie das ja auch Landesbetriebe wie in Rheinland-Pfalz umsetzen. 

Ich fotografiere einen Stammabschnitt mit Spechloch. Es ist bedauerlich, dass so ein Habitatbaum gefällt wurde, aber ich weiß auch, dass man im Betrieb nicht jedes Spechtloch sieht, was auch kein großes Problem ist, solange genügend Habitatbäume vorhanden sind. 

Nachdenklich setze ich meine Wanderung fort. Längere Zeit folge ich einem Pfad am Südrand des Elm, hier gibt es noch etliche markante Baumriesen und Habitatbäume. 

Oberhalb von Wobeck verlasse ich dann den Elm und sehe bereits den Harz mit dem Brocken, meinem nächsten Ziel. Dann laufe ich mal wieder lange Zeit über Straßen, labe mich an heruntergefallenen Birnen und Äpfeln der Alleebäume und erreiche schließlich Sachsen-Anhalt. 

Hinter Dedeleben treffe ich dort Carsten Reuß, der ein Radiointerview für den MDR mit mir führt. Es ist jetzt ziemlich windig, daher passt mir eine junge Eichenaufforstung gut für mein Nachtlager. Ansonsten wäre der Wind nicht ungefährlich in einem höheren Wald…

Hier werden geschädigte Buchen geerntet
Sollte man bei solchen Bodenschäden die Arbeit einstellen?
Das ist bedauerlich, kann aber auch mit Sorgfalt passieren
Mehrere nebeneinander stehende Buchen wurden gefällt, ein neuer Rand…
Fast alle Stämme sind wertgemindert
Solche Bestände müssen zur Zeit dicht bleiben!
Die rot markierten Bäume werden gefällt
Hier sind in den letzten 20 Jahren fast alle Altbuchen gefällt worden
Die wenigen Überhälter sind oft abgestorben
Der Harz mit dem Brocken erscheint
Herbstwald
Fenster in eine bessere Waldzukunft?
Knorrige Bäume am Waldrand
Biotop für Fledermäuse
Weiter geht es durch die Agrarlandschaft
Sachsen-Anhalt beginnt
Das Grüne Band
Radiointerview mit Carsten Reuß vom MDR
Ich labe mich an Birnen

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