2.9.2021 Tag 170 Weltnaturerbe Grumsin
Abends besucht mich noch ein Reh in der Nähe. Leider schlafe ich schlecht,
einige Mücken sind noch ziemlich aktiv. Dennoch bin ich vor Sonnenaufgang wieder unterwegs. Ich folge einer Nebenstraße nach Herzsprung, (Interessanter Name!). An den abgeernteten Feldern sind jetzt die Rehe wieder sichtbar, die sich vorher gut verbergen konnten. In Schmargendorf gibt es ein Storchennest und eine Tafel des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin weist auf den Grumsin hin, den ich bald darauf ansteuere. Dieses Buchenwaldgebiet mit vielen Seen und Sümpfen, sowie Hügeln und Senken wurde stark von den Eiszeiten geprägt. Lange wurde es hauptsächlich zur Jagd genutzt, so auch in der DDR- Zeit. 1990 wurde es schließlich als Kernzone des Biosphärenreservats unter Schutz gestellt und 2011 mit 590 Hektar in die Naturerbestätte der UNESCO „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten“ aufgenommen. In dem Gebiet brüten störungsempfindliche Vogelarten wie Seeadler, Schreiadler und Schwarzstorch, daher darf es nur auf markierten Wanderwegen betreten werden. Dies ist kein Urwald, Baumstümpfe als Hinweise auf die frühere Bewirtschaftung sind noch überall zu finden und der größte Teil des Waldes ist hallenartig dicht. Es gibt bereits jetzt mehr Totholz als im Wirtschaftswald und einen deutlich größeren Vorrat. Manche Einzelbäume haben bereits mehr als einen Meter Durchmesser erreicht. Zur Buche gesellen sich häufig Eichen, die auch nach Jahrzehnten ohne forstliche Hilfe noch vital sind. Einige Buchen sind unlängst abgestorben aber insgesamt erscheint ihr Kronenzustand noch als recht gut. Senken mit Tümpeln und Sümpfen wechseln sich mit höher gelegenen Rücken ab.
Unmittelbar außerhalb der Naturerbestätte grenzt bewirtschafteter Privatwald an. Dieser scheint recht naturnah bewirtschaftet zu sein, allerdings gibt es auch im Laubwald Rückegassen im üblichen 20 Meter Abstand.
Vor Grumsin hängt ein merkwürdiges Banner von „Wir sindGrumsin“ Neugierig geworden schaue ich kurz im Internet nach und entdecke die Äußerungen eines Försters, der im angrenzenden Privatwald arbeitet. Er hält den Grumsin durch die Klimakrise für gefährdet und plädiert für einen Waldumbau hin zu mehr Baumarten, auch im Buchenwald. Ohne die näheren Umstände zu kennen, halte ich es für unglücklich, dass bewirtschafteter Privatwald unmittelbar an ein hochwertiges Schutzgebiet grenzt, das sich natürlich entwickeln soll. War es wirklich nötig, diesen Wald nach 1990 zu privatisieren? Mit der Bewirtschaftung sind fast immer auch stärkere Auflichtungen verbunden, die die im Klimawandel so wichtige Geschlossenheit des Kronendaches von außen stören können. Einerseits wird behauptet die Buche würde die Eiche verdrängen, andererseits sieht man keine Chance mehr für die Buche hier, am östlichen Rand ihres Verbreitungsgebiets. Alles scheinbare forstliche Gewissheiten, wo man offenbar unbedingt entgegensteuern muss, wenn es nach diesem Förster geht, der offenbar den Grumsin durch zu viel „Natur Natur sein lassen“ gefährdet sieht. Hier sollte man sich mal entspannen und einfach beobachten wie sich die Natur entwickelt ohne gleich einzugreifen! Wahrscheinlich werden sich solche dichten Laubwaldbestände mit intaktem, kühl-feuchtem, selbst erzeugten Klima in der Erwärmung als stabiler erweisen, als man denkt. Abgesehen davon kann der Wirtschaftswald leider nicht alle Eigenschaften eines unbewirtschafteten Waldes in ihrer Fülle aufweisen, von der Totholzmenge und Qualität über Baumalter und Durchmesser, hin zu Ungestörtheit des Bodens ohne Befahrung. Grumsin ist schon jetzt eindrucksvoll, steht aber tatsächlich noch am Anfang der Entwicklung zurück zu einem Urwald.
Die vielen Gewässer hier sorgen aber auch für sehr viele Mücken, die mich sogar beim Wandern unablässig attackieren…
Auch außerhalb der Kernzone laufe ich lange durch schöne Laubwälder mit Totholz und Biotopbäumen. Sehr gut, aber halt kein Naturwald!
Der Dovinsee liegt malerisch im Wald. Ich verlasse die Straße bald wieder wandere jetzt durch stärker Kiefer geprägte Wälder. Allerdings gibt es viele große Gatter in denen neben die Naturverjüngung aus Kiefern und Eichen auch beispielsweise Esskastanien gepflanzt wurden.
Da es nicht mehr allzu weit bis zu meinem Termin morgen ist, schlage ich schon früh mein Cowboylager in einer Buchengruppe in einem Kiefernwald voller Heidelbeeren auf.