16.04.2021 Tag 48 Alte Eichen und Probleme den Wald zu erhalten im Bienwald
Da ich kein Wasser mehr habe, frühstücke ich am nächsten Morgen erst als ich die schwach fließende Geisborn-Quelle erreiche. Ich gelange bald auf den Pfälzer Weinpfad, einen weiteren tollen Wanderweg, der am Rand des Pfälzer Waldes verläuft.
Der Wald ist bunt gemischt, oft stehen Douglasien, Weißtannen und Esskastanien dicht beisammen. Vom Schöffelsbergturm und der Burgruine Guttenberg erhalte ich tolle Ausblicke, leider ist es ziemlich bedeckt. Nichts desto trotz höre ich den ersten Kuckuck und den ersten Fitislaubsänger dieses Frühjahrs. In Schweigen- Rechtenbach erreiche ich die Ebene und laufe durch Weinkulturen weiter nach Schweighofen, wo ich bald Daniel Becker vom Landkreis Germersheim, der im Naturschutzgroßprojekt Bienwald arbeitet und Johannes Becker vom Forstamt Bienwald treffe.
Der Bienwald ist ein etwa 10.000 ha großes Waldgebiet im Flachland, was allerhand Superlative aufweist: So gibt es hier mit über 3000 Arten die meisten Waldkäfer Europas, es gibt 15 Fledermausarten und die einzige Wildkatzenpopulation im Flachland. Vor allem ausgedehnte Alteichenbestände charakterisieren den Bienwald, es gibt aber auch trockene Flugsandbereiche, in denen die Kiefer dominiert.
Wir fahren in den Wald wo wir den Landrat Dr. Brechtel, von Haus aus Biologe, sowie den Revierleiter Axel Behrend treffen. Seit 2004 läuft hier das überwiegend aus Bundesmitteln finanzierte Großschutzprojekt. Im Zuge dessen wurden 1680 Hektar aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen. In diesem Bereich schauen wir uns Flächen mit beeindruckenden alten Stieleichen an, die Stärkste hat einen Durchmesser von fast zwei Metern und ist um die 350 Jahre alt! Viele dieser Eichen sind von Heldböcken besiedelt, einer der größten Käferarten bei uns und sehr selten. Hier dagegen, sind sie auch in den bewirtschafteten Eichenwäldern ziemlich häufig!
Im Naturwaldgebiet werden noch Verkehrssicherungsmaßnahmen an den Wegen durchgeführt und vor allem die Wildschweine bejagt, allerdings nur auf wenigen Drückjagden. Als Ergänzung zum Naturwald wurden im Wirtschaftswald zahlreiche Bäume aus der Nutzung genommen, mit Plaketten versehen und ihre Standorte eingemessen. Dies geschah über die Vorgaben des Biotopholzkonzepts hinaus.
Der Revierleiter Axel Behrend zeigt uns dann Flächen wo unter einem sehr lichten Eichenschirm auf großer Fläche Eichennaturverjüngung aufgelaufen ist. Ein Teil der Auflichtung wurde offenbar allerdings vom Sturm Lothar und seinen Folgen hervorgerufen. Ich plädiere für ein weniger drastisches Vorgehen, was aber nach Meinung der örtlichen Förster hier vor allem wegen des Konkurrenzdrucks durch die Hainbuche schwer möglich sei. Der verbleibende Schirm soll übrigens bleiben!
Im Ostteil des Bienwalds sehen wir dann durch den Fraß von Maikäferlarven im Zusammenspiel mit der Trockenheit stark geschädigte Bestände. Vor allem die Buche stirbt in den Kiefernbeständen ab, worauf hin sich oft die Kermesbeere, ein Neophyt, einstellt. Nach Ansicht von Johannes Becker, kann diese aber nicht auf Dauer die Naturverjüngung der Kiefer verhindern. Gepflanzte Esskastanien wirken noch vital, aber Eichenpflanzungen sind aufgrund der Engerlinge hier nicht möglich.
Johannes Becker zeigt mir dann an verschiedenen Stellen, dass die Bäche des Bienwalds trotz des nassen Winters bereits überwiegend versiegt sind, ein schlechtes Zeichen…
Daniel Becker präsentiert mir schließlich einen weiteren Bestandteil des Naturschutzprojekts. Auf etwa 70 Hektar wurde in den Dünenbereichen der Kiefernwald stark aufgelichtet und wird jetzt von Ziegen, Schafen und Eseln beweidet. Damit will man Bedingungen schaffen, die lichtliebenden Insektenarten oder Vögeln wie dem Ziegenmelker entgegen kommen. Solche Situationen waren hier vor allem durch die frühere Streunutzung weit verbreitet, waren aber sehr selten geworden, so dass man diese Bedingungen heute wieder künstlich schafft. Wie schon öfter geschrieben, denke ich, dass man nicht zu statisch versuchen sollte, bestimmte Situationen, die der Mensch geschaffen hat, in der Natur krampfhaft versuchen zu erhalten. Aber als kleiner Bestandteil eines großen Projekts kann man so was schon mal machen…
Erst um 19 Uhr bringt mich Daniel Becker wieder nach Schweighofen, wo ich in einem Waldstück in der Nähe des Bahnhofs mein Tarp aufschlage. Doch zuvor nehmen ein Fuchs und ein Hase gleichzeitig vor mir reißaus. Habe ich damit jemand den Braten verdorben ?
Ich bewundere Sie und hoffe, dass Sie Ihre Reise in einem Buch verewigen. Dann wuerde ich das gerne kaufen.
Vielen Dank! Ja, mein Plan ist tatsächlich ein Buch zu schreiben, aber es ist noch nicht sicher ob das klappt…
Wir haben ein Häuschen in Rott südlich von Wissembourg. Bei der Anreise durchqueren wir immer den Bienwald von Ost nach West. Nach diesem Bericht wollen wir ihn unbedingt näher erkunden.
Übrigens steht im Wald über Cléebourg eine 4m hohe Stechpalme, Le houx géant.