Weissrückenspecht und Schildkröte – Die Vielfalt von Domogled
15.6.2022
Da ich mit dem Blog im Rückstand bin, starte ich erst um halb zehn. Gleich hinter der Pension führt der Europaweg 8 bergauf durch Buschland und blütenreiche Flächen. Es ist mediterran heiß, daher passt die Schildkröte die mir auf dem Pfad begegnet, auch gut hierher.
Auch im Wald in den ich bald gelange, zeigen sich wärmeliebende Bäume wie Mannaeschen, Hopfenbuchen und Zerreichen. Vor allem bestimmen aber zahllose Sommerlinden und Traubeneichen den Wald.
Ab 500 Meter erscheinen die ersten Buchen, aber je nach Boden und Himmelsrichtung wechseln die Waldbilder kleinräumig. Ich beobachte Eichhörnchen und Schwarzspecht, dann sehe ich etwas besonderes: Zwei Weissrückenspechte! Diese sind etwas größer als die bekannten Buntspechte und benötigen sehr viel Totholz, daher gelten sie als typische Urwaldarten.
Eine große, ehemalige Schafweide wird langsam wieder zu Wald, es gibt aber auch noch Offenland Vögel wie den Neuntöter.
An einer Hütte bellt ein Hund und bald sehe ich einen zweiten. Zeit zum Rückzug!
Weglos nehme ich eine Abkürzung durch den Wald, der hier schon zur 5111 Hektar großen Weltnaturerbestätte Coronini- Bedina gehört. Es gibt dichte, schattige Buchenwälder, aber die trockenen Rücken werden von Eichen und Linden geprägt. Ganze Hänge wirken silbrig-weiß, von den Früchten der Linden, die sich jetzt entwickeln.
In einer Schlucht entdecke ich dringend benötigtes Wasser und steige dann auf einem felsigen Rücken der stellenweise grandiose Aussichten ins Cerna Tal bietet, wieder nach oben. Zurück am Weg schlage ich mein Lager auf einem Kamm auf und genieße später noch den sommerlichen Abend bei einem Spaziergang. Interessant wie hier Buchen und Eichen innig miteinander verflochten sind. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich diese Wälder unter den Bedingungen des menschgemachten Klimawandels weiter entwickeln. Außer einigen Kiefern auf den trockenen Felsen gibt es in dieser trocken- warmen Landschaft übrigens keine Nadelbäume.
Schönen Gruß an die Förster, die meinen Douglasien oder auch Weisstannen als Fichtenersatz überall in Deutschland anpflanzen zu können…
Lieber Gerald,
schon länger nehme mich mir vor, etwas von mir hören zu lassen. Du hast in der letzten Zeit am Ende Deiner Tagesberichte immer wieder Fragen gestellt – und ich werde auf sie (teilweise) noch reagieren!
Aber vorab dieses Thema: Huftierdichte in den von Dir besuchten Arealen der Karpaten. Obwohl Du immer wieder in offenem Gelände im Bereich der Baumgrenze unterwegs bist (und diese Matten doch attraktive Nahrungsgründe sind!), berichtest Du fast nie von “Schalenwild”, das dort doch eigentlich in relevanten Dichten zu erwarten sein müsstest! Ok – hier und da ein Rehchen (oder zwei), einige Gemsen – und vor ca. 20 Tagen ´mal ein Foto von einem einsamen Rothirsch-Alttier. Aber richtig viel ist das ja eigentlich nicht?
Ich erinnere mich an eine mehrtägige Wanderung durch einen Wald-Nationalpark in Montenegro (Durmitor-Nationalpark mit Tara-Schlucht) – und an mein mittelgroßes Erstauen, dass ich dort häufiger Bären- als Rothirschlosung fand! Ähnliche Eindrücke im polnischen Bieszczady-NP (im Dreiländer Eck Polen-Slowakei-Ukraine): Obwohl ich dort in 2019 zur “Hochbrunft” war, in diesem polnischen Schutzgebiet “geordnete Verhältnisse” herrschten (kaum oder keine Jagd auf Rothirsche, keine Wilderei), war es eher die Ausnahme als die Regel, dass es einmal ein “Brunftkonzert” gab. Trotz ausgedehnter und aus Naturschutzgründen gepflegter Grünland-Areale (keine Beweidung durch Haustiere) war die Rotwilddichte ganz eindeutig geringer als im Durchschnitt der deutschen Rotwildgebiete. Bis dato hatte ich mit voller Überzeugung und nach zahlreichen Besuchen in sächsischen Wolfsgebieten behauptet, dass die Räuber-Beute-Beziehungen nach dem Prinzip des “bottom-up” funktionieren (= die Dichte der Beutetiere bestimmt die Dichte der Beutegreifer). Die Streckenstatistik in Sachsen bringt entsprechend seit Jahrzehnten eindrucksvoll zum Ausdruck, dass unsere einheimischen Schalenwildarten in unverändert üppigen Populationen mit den Wölfen koexistieren. Seit dem Besuch in den oben genannten Wildnisgebieten im (Süd-)Osten neige ich allerdings zu folgender Auffassung: In Gebieten ohne aufgedüngte landwirtschaftliche Flächen, mit strengeren Wintern und entsprechenden Nahrungsengpässen “holpert” die Reproduktion von Wildschweinen, Rothirschen und Rehen – und unter diesen Bedingungen können Wölfe, Bären und Luchse die Huftierdichte durchaus auf ein bescheidenes Niveau drücken und dort auch halten. Ein “top-down” Einfluss großer Beutegreifer ist unter diesen Bedingungen ausgeprägter (was im Bieszczady-NP auch explizit von Gebietskennern bestätigt wurde).
Und jetzt bist Du über Monate in einer Region unterwegs, die zu den “wildesten” Europas zählt – Du gewinnst täglich Deine eigenen Eindrücke und hast mit vielen Menschen zu tun, die die Karpaten und die dort herrschenden Verhältnisse bestens kennen. Es wäre sicherlich nicht nur für mich von großem Interesse, welche Erkenntnisse Du zu diesem Thema gewinnst! Also – behalte die Sache im Auge. Und wenn Du das Gefühl hast, eine fundierte Meinung entwickelt zu haben, teile sie uns einmal mit (das muss ja nicht kurzfristig passieren)!
Zu einigen weiteren von Dir aufgeworfenen Stichwörtern in nächster Zeit mehr. (Ich plage mich gerade mit Corona herum und bin in meiner Schaffenskraft eingeschränkt … Gerade deshalb waren Deine Tagesberichte so motivierend – zeigten Sie doch, dass es ein Leben auch außerhalb von Quarantänebedingungen gibt!)
Liebe Grüße – Uwe