Piatra Craiului Nationalpark
7-9.5.2022
Bereits um 7 Uhr breche ich wieder auf und steige über geröllige Lawinenbahnen und Fichtenwald steil nach oben. Bald ist der Weg teilweise Schnee bedeckt. Als bereits auf 1900 Meter ein sehr steiles Schneefeld vor mir liegt, wird mir klar, dass die Bedingungen für die lange Gratwanderung die ich vorhatte, noch zu winterlich sind. Zwar würde ich hier noch weiter kommen, wäre aber sicher irgendwann gezwungen umzudrehen, daher steige ich schon jetzt wieder ab. Den Rest des Tages laufe ich dann parallel zur Felsmauer auf halber Höhe durch Fichtenwald und über idyllische Offenflächen voller Krokusse. Als ich in ziemlich regelmäßigen Abständen laute Schreie höre, frage ich mich was da los ist. Schließlich kommt mir der „Brüller“ entgegen, ein Einzelwanderer, der so wohl die Bären auf sich aufmerksam machen will!
Da heute Samstag ist, herrscht einiges an Betrieb: Gruppen von E- Bikern und Wanderern sind unterwegs. Der Wald ist recht schön, wird aber bewirtschaftet. Bei der Poiana Grind zeigen sich dann die großen Flächen der früheren Kahlschläge, die jetzt mit jungen Fichten wiederbewaldet sind. Am nächsten Morgen steige ich dann wieder auf, weniger steil als gestern. Lange Zeit geht es über ehemalige Weiden, die jetzt von Fichten zurück erobert werden. Ich fotografiere Ringdrossel und Alpenbraunelle. Häufig höre ich das Glucksen von Hühnervögln, wahrscheinlich Schneehühner.
Schließlich erreiche ich den Grat des Königsteins, dem ich noch ein Stück weit folge. Herrliche Aussichten über das Dambovita Tal bis zu den noch sehr verschneiten Bergen des Fagaras. Es ist sonnig und warm, so dass ich hier oben eine lange Pause einlege, bei der ich eine Gämse in den Felsen beobachte und von zwei Kolkraben besucht werde, die bestimmt mit Bedauern feststellen, dass ich noch kein Aas bin. Schließlich folge ich dem hier weniger hohen Grat durch den Fichtenwald nach Süden weiter, wobei sich mal wieder die Schneeschuhe als nützlich erweisen.
Ich gelange an größere, schneefreie Offenflächen und gelange auf eine weitere Erhebung des Grats, den Pietrica (1764 m). Dunkle Wolken sind aufgezogen und über dem Fagaras regnet es bereits. Der Abstieg führt mich zunächst durch urigen Fichtenwald mit viel Totholz, natürlich muss ich auch über einige Bäume klettern. Schließlich beginnt es zu regnen, glücklicherweise nicht allzu stark. Als das Gelände abflacht, schlage ich mein Lager auf. Da ich kaum noch Wasser habe und kein Bach in der Nähe ist, muss ich mich aus einem schlammigen Tümpel versorgen…
Am Morgen ist es wieder trocken und ich bin schon um 6:30 wieder unterwegs. An einer großen Freifläche äst ein Rudel Rotwild, das ich mit dem Tele fotografieren kann.
In einem Bereich wurden einige Fichten gefällt. Das ist recht schonend und selektiv geschehen, viel besser als ein Kahlschlag! Dennoch sollte in einem Nationalpark die Holznutzung komplett unterbleiben!
Es dauert nicht lange und ich verlasse den Fichtengürtel und tauche in den Buchenwald ein. Zu meinem Entzücken ist hier alles voll mit frischen Bärlauchblättern, von denen ich erst einmal etwas genieße. Der Wald ist toll mit viel Totholz und etlichen Riesen über einem Meter Durchmesser. Wahrscheinlich ist hier in der Vergangenheit nur etwas Brennholz genutzt worden, daher konnte sich die urwaldartige Struktur erhalten.
Ich habe Zeit und es ist endlich warm, daher setze ich mich immer mal wieder hin und nehme die Atmosphäre des Waldes in mich auf. Ich folge schmalen, gut markierten Pfaden, die Freiflächen miteinander verbinden, die teilweise aber wohl nicht mehr beweidet werden. Ich beobachte Bergmolche in einem Tümpel und sehe auf lediglich 1100 Meter Höhe zu meiner Überraschung eine Gämse auf einer Grasfläche.
Schließlich höre ich die ersten Grillen zirpen, sehe einen Kuckuck fliegen und erreiche dann das Dambovita Tal.
Es geht auf einem Sträßchen durch eine idyllische Schlucht, die aber leider ziemlich vermüllt ist.
Schließlich erreiche ich in Satic eine Unterkunft, mein Basislager für die nächsten beiden Tage, in denen ich die Arbeit der Carpathia Organisation kennen lernen will, deren Ziel es ist hier ein Naturreservat zu schaffen, das 10- mal so groß wie der Nationalpark Bayerischer Wald ist, ich bin gespannt!