Ernüchterung im Fagaras
16.05.2022
Bei herrlichem Wetter fahren wir morgens der eindrucksvoll aus der Ebene aufsteigenden Gebirgsmauer des Fagaras entgegen, wo der Schnee in den letzten Tagen deutlich abgenommen hat. Uns begleitet der 31- jährige Förster Rado, der uns bald im Sebes Tal ein verfallenes Gebäude zeigt, dass in der kommunistischen Zeit als Stützpunkt für die Bärenjagd des damaligen Präsidenten Ceaucescu gedient hat. Auf der Weiterfahrt stellen wir fest, dass das Tal offenbar inzwischen recht intensiv genutzt wird. Vielerorts liegt Holz und Rückewege ziehen sich die Hänge hinauf. Obwohl steilere Hänge oft noch Urwald zu tragen scheinen, sind die Spuren der Forstwirtschaft nie weit entfernt. Ion erzählt, dass die Genossenschaften der Aufnahme von Flächen in den Urwaldkatalog zustimmen müssen, was trotz finanzieller Förderung häufig nicht geschieht, nicht zuletzt wohl aus Misstrauen, weil es Fälle gegeben hat, in denen die Förderung erst nach Klagen ausgezahlt wurde.
Auf etwa 1300 Metern gehen wir dann zu Fuß weiter. In wassergefüllten Fahrspuzentdecken wir zahlreiche Erdkröten bei der Paarung und einige Bergmolche. Rado erzählt, dass erst vor 10 Jahren der Holzeinschlag hier begann, nachdem ein von Schäfern ausgelöster Waldbrand getobt hatte. Zwar hat das Tal seinen Urwaldcharakter verloren, aber immerhin entdecken wir an einem Kamm zahlreiche Zirben, eine Kiefernart die auch in den Alpen vorkommt. Auf dem Rückweg steigen wir weglos in einen sehr steilen Buchen- Tannenurwald mit vielen Bergulmen ab, der durch seine Topografie bisher vor Holzeinschlag geschützt ist.
Als wir schließlich zurück fahren, begegnen wir einem LKW, der gerade mit Fichtenholz beladen wird, wie wir später feststellen, ohne korrekte Registrierung in der Forstinspektor app.
Später am Nachmittag fahren wir noch in das Dejeani Tal, wo wir in einem Seitental mit der Drohne einen großen, Urwaldbereich entdecken. Toll wie auf den Aufnahmen das frische Buchenlaub leuchtet!
Als wir ein Stück in die Schlucht vordringen, stellen wir bald fest, dass auch hier die Unzugänglichkeit des Terrains den Wald bisher geschützt hat.
Am Abend treffen wir dann noch Gheorge, der Sportevents organisiert und morgen eine Route zeigen will, die vielleicht auch als Wanderweg erlebbar gemacht werden kann. Außerdem wählen wir auf der Karte einige Wege aus, die ich in den nächsten Tagen erkunden und auf ihre Eignung für das Tourismusprojekt überprüfen will.