Cozia Nationalpark 2
31.05.2022
Im Motel ist es laut und warm, immerhin sind meine Sachen, die ich gestern gewaschen habe, morgens wieder trocken!
Obwohl ich schon um 6:30 Uhr losgehe, ist schon wieder viel Verkehr auf der Straße. Daher sind die ersten fünf Kilometer echt kein Spaß…
Dann biege ich in einen Waldweg ein, der zu dem ausgeschilderten Wasserfall Cascada Lotrisul führt. Etliche Fototafeln des Nationalparks geben Erläuterungen zu verschiedenen Tierarten. Die Schlucht mit moosigen, dunklen Felsen, Ulmen, Linden und natürlich Buchen ist recht schön, auch wenn der Wasserfall nicht sehr attraktiv ist. Der Weg führt durch den kleineren Teil des UNESCO Weltnaturerbes Cozia, vom Urwald der die steilen Hänge bedeckt, bekommt man aber nicht viel mit. Einmal überholen mich zwei leere Holz- LKW, niichts Ungewöhnliches in einem rumänischen Nationalpark, wo meist auf dem größten Teil der Fläche „normale“ Forstwirtschaft betrieben wird! Ein Schild an einer Baustelle verkündet, das hier überwiegend aus EU- Mitteln ein Projekt realisiert wird. Das ist natürlich grundsätzlich eine gute Sache, dann sollte die EU aber auch darauf achten, dass ihre Schutzgebiete wirklich geschützt sind und das in Nationalparks das international übliche Mindestmaß an Flächen ohne Nutzung von 75 % erreicht wird! Ein anderes Schild geht kurz auf das Welterbe ein, dass hier vollständig in Staatsbesitz ist. Allerdings hat der staatliche Forstbetrieb Romsilva, der auch die Nationalparks verwaltet, andere Interessen. Ein Stück weiter ist Brennholz am Weg aufgestapelt, ich höre den Lärm einer Rückemaschine und das obligatorische Schild mit den Informationen zum Einschlag fehlt. Der Fahrweg endet hier und ich quäle mich über alte, zugewachsene Rückegassen durch ein riesiges Holzeinschlagsgebiet, in dem alle alten Buchen gefällt wurden. Es ist heiss und wimmelt von Insekten. Mittlerweile fürchte ich, dass große Teile des Cozia Nationalparks so aussehen. Was das Weltnaturerbe angeht, ist meines Erachtens eine dringende Überprüfung seitens der UNESCO angebracht!
Um zum nächsten Weg außerhalb des Nationalparks zu kommen, muss ich einige Kilometer weglos zurück legen. Eigentlich wollte ich über den Berg Olanestilor gehen, dieser erscheint mir jetzt jedoch zu felsig und ich befürchte dort nicht weiter zu kommen. Daher steige ich in eine Schlucht ab, die von richtigem Urwald mit mächtigen Tannen bewachsen ist. Der Abstieg ist ziemlich schwierig, immer wieder muss ich unpassierbare Felsabstürze umgehen. Als das Terrain abflacht, bin ich zurück in bewirtschaftetem Wald. Die alten Urwaldbuchen wurden stark aufgelichtet, noch sind aber etliche Methusaleme vorhanden. Als ein Gewitter beginnt, schlage ich schließlich mein Zelt auf. Zunächst hoffe ich, dass es bald aufhört, aber nach einer kurzen Pause geht es weiter. Glücklicherweise hatte ich mir vor dem Gewitter einige trockene Tannenzweige an den Rucksack geschnallt, daher kann ich ohne Probleme auf meinem Holzkocher Essen zubereiten, als es schließlich aufhört. Es wimmelt von Fliegen und winzigen, lästigen Kriebelmücken. Ein Tümpel nahebei ist voll von Kaulquappen und eine Gelbbauchunke treibt als „Toter Mann“ als sie mich bemerkt. Der Wald hier ist wirklich schön, dass war ein toller Urwald vor der Auflichtung! Ein Problem ist, dass wohl die meisten, hier noch verbliebenen Urwälder auf ziemlich unproduktiven Standorten stehen. Daher sind sie nur bedingt für Lebewesen geeignet, die dicke Bäume und starkes Totholz benötigen. Ich hatte mich ja gewundert, als Ion Holban erzählte, dass inzwischen 70.000 Hektar im Urwaldkatalog sind. Diese beruhen aber fast ausschließlich auf Meldungen von Romsilva aus dem Staatswald. Ich befürchte, dass es sich dabei weitgehend um kaum zu bewirtschaftende Lagen handelt mit eher schwachem Holz, was ökologisch weniger wichtig ist. Trotz attraktiver Förderung gibt es kaum Meldungen aus dem Privatwald, wohl aufgrund von mangelnder Information, bürokratischen Anforderungen und Misstrauen gegenüber dem Staat. Soll der Rest der Urwälder erhalten werden, muss sich da bald etwas ändern!