27.03.2021 Tag 28 Im Soonwald
Gegen Morgen, noch in der Dunkelheit treibt der Wind den Regen unter die Veranda, so dass ich meine Sachen zusammen packe, bevor sie nass sind. Als es hell wird, breche ich dann wieder auf. Hatte ich gestern noch geschrieben, dass mir der Soonwald nicht mehr so gut gefällt, ist heute das Gegenteil der Fall: Ein großer, einsamer Wald mit vielen alten Bäumen und großem Abwechslungsreichtum! Auch der Soonwaldsteig ist sehr schön, oft tatsächlich pfadartig. Im Naturwaldreservat wachsen mächtige Stieleichen und Bergahorne, um die 200 Jahre alte Reste des ursprünglichen Walds. Naturschutz wird hier offenbar groß geschrieben. In einem Life-Projekt, wurden die Fichten mit ihren sauren Nadeln, die für Bachorganismen ziemlich ungenießbar sind, an kleinen Bächen entfernt. Mit kleinen Schildern wird die Maßnahme anschaulich erklärt. Gegen 9 bin ich bereits am Wanderparkplatz Ellerspring wo ich mich mit Klaus Kaiser treffe, seit 30 Jahren Leiter des Reviers Altenburg mit 2000 ha Staatswald. Die Stürme von 1990 haben hier fast die gesamten alten Fichten geworfen, daher dominiert jetzt das Laubholz. Es wurden unter anderem Eichen gepflanzt, aber auch große Bereiche der Sukzession überlassen. Unter dem Schirm der Birken wächst jetzt ein artenreicher Mischwald, alles ohne menschliches Zutun! Lediglich Weißtannen werden durch truppartige Pflanzungen eingebracht, Eichen und Buchen sind aus Naturverjüngung entstanden. Besonders eindrucksvoll sind hier die etwa 400 ha um die 170 Jahre alten Buchenbestände. Sie sind noch ziemlich geschlossen und in dieser Ausdehnung etwas sehr seltenes. Zwar sind bereits einzelne Buchen abgestorben, aber noch sind die Bestände intakt. Mit einem Forschungsvorhaben soll geklärt werden, in wie weit die Freistellung von Einzelbäumen bei der Holzernte die Empfindlichkeit für Dürreschäden steigert. Unabhängig davon sind Klaus und ich der selben Meinung, dass man hier nur noch in geringem Umfang einzelstammweise Bäume fällen sollte. Zwar sehe ich keine markierten Habitatbäume es gibt sie aber laut Klaus, und auch so sind Mikrohabitate und Totholz unverkennbar. Größere Bereiche des Soonwaldes sollen demnächst als Waldrefugien ganz aus der Nutzung genommen werden. Das ist sehr begrüßenswert, schließlich war der Soonwald sogar ein heißer Kandidat für einen Nationalpark!
Gegen 11.30 kommt ein Filmteam vom SWR und dreht einen Beitrag mit mir für die Landesschau. Anschließend fahren wir zu Klaus, wo ich Linsensuppe und alkoholfreies Weizen, sowie einen Cappucino serviert bekomme. Welch ein Luxus! Vielen Dank!
Anschließend schauen wir uns noch weitere Bestände an. Neben den Birken gibt es hier auch viele, zum Teil schon recht starke Aspen, die man woanders eher selten sieht. Diese Zitterpappeln sind sehr wichtig für viele Insekten und haben Pionierbaumeigenschaften wie die Birke. Bedeutend für die Besiedlung von Freiflächen!
Die Naturverjüngung funktioniert hier sehr gut, dank scharfer Bejagung, an der auch viele private Jäger beteiligt sind.
Besonders gefällt mir, dass Klaus Rückegassen konsequent mit minimal 40 Metern Abstand anlegt. Bei älteren, dichteren Systemen, lässt er einfach jede zweite unbefahren. Vorbildlicher Bodenschutz!
Nach einem heftigen Schneeschauer setze ich schließlich meinen Weg auf dem Soonwaldsteig fort. Mir begegnet kein Mensch bis kurz vor dem Koppenstein, obwohl heute Samstag ist!
Nichts desto trotz werden die drei Trekkingplätze des Forstamts laut Klaus gut frequentiert. Dort haben Wanderer die Möglichkeit legal im Wald zu zelten, inklusive Kompostklo und Feuerholz. Für 10 Euro eine attraktive Option, wie ich finde.
Vor der Burgruine Koppenstein weist ein Schild darauf hin, dass man hier „Stammbäume“ erwerben kann. Eine interessante Idee, gerade zum Erhalt alter Bäume ohne wirtschaftliche Nachteile.
An der Ruine treffe ich Olli mit seinen Kindern, die hier in der Hütte übernachten. Was für ein schönes Abenteuer für die Beiden! Die nette Familie aus Mainz bietet mir sogar ein Würstchen vom Feuer an!
In einer Nische des Treppenaufgangs beziehe ich schließlich mein windgeschütztes Lager.
Interessante Klimaschutzaktion der Landesfürsten RLP
Naturwaldreservate mit mächtigen Stieleichen
Es gibt auch Wiesenbereiche im Soonwald
Bachentfichtung
Der Soonwaldsteig ist toll!
Mischwaldentstehung
Mittagspause
Viele Aspen
Weißtannen werden kleinflächig gepflanzt
Bisher sterben nur einzelne Buchen ab
Jede zweite Rückegasse wird aufgegeben!
Interessantes Modell zum Altbaumschutz
Blick von Burg Koppenstein am Abend