03.04.2021 Tag 35 Prozessschutz im Revier Eppelborn- Quierschied
Bereits um 9 Uhr treffe ich mich mit Roland Wirtz, seit 25 Jahren Leiter des Forstreviers Eppelborn- Quierschied und Beauftragter für den Naturschutz beim Landesbetrieb Saar- Forst. Ausserdem sind Joachim Altmeier und Benedikt Kreschan dabei, junge Förster, die YouTube Videos drehen.
Das Revier hat einen sehr hohen Eichen- und Buchenanteil und wird von Roland seit jeher unter starker Berücksichtigung von Naturschutzkriterien bewirtschaftet. Zu einem guten Teil haben diese inzwischen auch in die Bewirtschaftungsrichtlinien von Saar-Forst Eingang gefunden. So werden mindestens 10 Biotopbäume pro Hektar aus der Nutzung genommen, gerne auch in Gruppen von „Methusalem Bäumen“. Mindestens 40 Kubikmeter Totholz werden je Hektar angestrebt. Das ist auch in alten Laubbeständen ein Vielfaches von dem was allgemein üblich ist! Diese Vielfalt an Totholz und Mikrohabitaten ist auch überall deutlich zu erkennen.
In den Beständen die älter als 160 sind, wird nur noch das Wertholz entnommen, die geringerwertigen Stammteile und Kronen bleiben komplett im Bestand.
Die Buche ist auf den lehmigen Böden hier in ihrem Optimum und erreicht bei beeindruckenden Durchmessern Höhen von 40 Metern. Nichts desto trotz gibt es auf Grund der langen Bergbautradition im Saarland einen großen Eichenanteil. Nach Roland’s Beobachtungen muss man den jungen Eichen in der Verjüngung durch Knicken konkurrierender Buchen punktuell helfen. Er arbeitet sowohl mit kleinen Hordengattern, als auch mit Wuchshüllen, bei einem Abschuss von 15 Rehen/ 100 ha, in der Vergangenheit auch viel mehr, kommen die jungen Eichen aber auch teilweise ohne Schutz hoch. Da die Eichen resistenter gegen Trockenheit ist, sollte man gerade auch unter den Bedingungen des Klimawandels diese Baumart unterstützen. Im etwa 50 Hektar großen Naturwaldreservat Hölzerbach, dass seit etwa 50 Jahren nicht mehr bewirtschaftet wird, hat sich ein sehr beeindruckender Vorrat von etwa 800 Kubikmetern Holz pro Hektar eingestellt, was sehr viel für einen Laubbaumbestand ist. Der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei lediglich etwa 300! Überhaupt wird hier im Revier nur etwa die Hälfte des Zuwachses geerntet, wodurch der Vorrat kontinuierlich steigt und schon jetzt bei über 400 Kubikmetern auf der Gesamtfläche liegt! Dies ist aus zwei Gründen sehr positiv: Zum Einen wird umso mehr Kohlenstoff auf der Fläche gespeichert, je höher der Vorrat ist, zum Anderen üben dichte Laubbaumbestände auch einen wichtigen Kühlungseffekt für die Landschaft aus, und sind widerstandsfähiger gegen Dürreschäden, weil ihr kühl- feuchtes Waldinnenklima die Temperaturen deutlich weniger steigen lässt.
Interessant in dem Naturwaldreservat ist auch, dass die alten Eichen nicht durch die Buchen verdrängt werden, sondern in diesem Alter offenbar gut koexistieren können.
Später fahren wir in den Revierteil Quierschied, etwa 1000 Hektar Landeswald, die seit etwa 20 Jahren in einer Kooperation mit dem BUND nach dem „Lübecker Modell“ prozessschutzorientiert bewirtschaftet werden. Man will hier so wenig wie möglich in die natürlichen Abläufe eingreifen. Auslesebäume werden weniger als Einzelbäume, als als kleine Gruppen herausgearbeitet und etwa ab dem Alter 60 wird lange Zeit kaum noch Holz geerntet, so dass der Vorrat stark ansteigt. Erst wenn hohe Zieldurchmesser erreicht sind, wird mit der Ernte der starken Stämme begonnen.
Auch im Revier Eppelborn-Quierschied sterben Buchen ab, was an den stark frequentierten Wegen zu großen Verkehrssicherungsproblemen führt. Roland geht sehr sensibel mit dieser Problematik um und vermeidet es, die Bestände aufzureißen. Oft werden Buchen gekappt, so dass wenigstens noch der starke Stumpf als Totholz verbleibt. Wie schon geschehen, hier „Waldverwüstung“ zu unterstellen, ist weit von der Realität entfernt…
Bisher hatten wir nur Bestände gesehen, wo einzelne Buchen, bzw. kleine Gruppen von Bäumen abgestorben sind, jetzt fahren wir zur Reller Höhe, wo ein 30 Hektar großer, 150- jähriger Buchenbestand komplett kurz vor dem Ende steht. Allerdings war dieser Bestand in der Vergangenheit bereits stark aufgelichtet worden. Es zeigt sich immer wieder, dass Altbestände, wo nur noch relativ wenige Bäume pro Hektar stehen, viel anfälliger sind.
Nachdem wir uns verabschiedet haben, führt meine Wanderung dann noch komplett durch den Saarkohlenwald, zum Forsthaus Wolfgarten, wo Saar-Forst mir eine Übernachtung gewährt. Mittlerweile zeigen sich auch die ersten Buchenblätter und Lärchennadeln, herrlich!
Nutzung starker Eichen