22.05.2021 Tag 77 Vom Allgäu nach Oberbayern
Nach dem morgendlichen Bloggen, was mich leicht unter Stress setzt, weil mein Laptop beim Versenden einer email abstürzt, sitzen wir noch einmal mit unseren tollen Gastgebern, Regula und Hubert zusammen. Ich finde es bewundernswert, wie vielfältig engagiert Hubert im Alter von 70 noch ist. Vom Einsatz für den Nationalpark, das Mandat im Kreistag, die Flüchtlingshilfe und nicht zuletzt seine Reaktivierung als Lehrer, ist es kaum vorstellbar, welche Energie, bei gleichzeitiger Gelassenheit dieser Mann aufbringt. Dabei ist er unglaublich empathisch und humorvoll, ein ganz besonderer Mensch!
Christian fährt aufgrund einer alten Knieverletzung mit dem Bus vor nach Füssen, während ich in der Morgensonne entlang des malerischen Forggensees zur Lechbrücke laufe, wo wir uns wieder treffen.
Überwiegend auf Pfaden geht es dann zu Schwan- und Alpsee. Dies wäre der Randbereich des künftigen Nationalparks. Während wir laufen denke ich über weitere Argumente der Nationalparkgegner nach. Natürlich kommt aus einem künftigen Nationalpark kein, bzw. nur noch wenig von dem wertvollen Rohstoff Holz. Allerdings sind viele Bereiche hier seit langem nur sehr extensiv genutzt worden, so dass die Holzmenge, die im Bereich des Nationalparks geerntet wurde, stets nur gering war. Dagegen sind die Holzerntekosten aufgrund der Schwierigkeit des Geländes hier extrem hoch. Kein wirkliches Geschäft für die Bayerischen Staatsforsten…
Wenn man dann noch die Kosten für die Unterhaltung der Holzabfuhrwege nimmt, ist man rasch bei einer negativen Bilanz…
Ich kenne viele Beispiele, wo es Forstleuten schwer fällt, sich von der Waldbewirtschaftung zu verabschieden. Aber auch in einem Nationalpark sind Förster sehr wichtig, und wenn man sich nicht nur als Holzproduzent sieht, kann man durchaus auch Stolz auf ein großes Naturreservat entwickeln.
Während wir bergauf laufen, erhält Christian, der Fotograf der mich begleitet, einen Videoanruf von seiner Freundin Maria, einer russischen Tierärztin, die er auf Expeditionen in Kirgisien kennen gelernt hat, über die er einen fantastischen Vortrag entwickelt hat. Maria steckt gerade an der mongolischen Grenze mit einem Pferdetransport fest, und erzählt, dass Sie schon mit 14 Neuschwanstein, das Bedeutendste der drei Schlösser hier besucht hat. Was für interessante Wendungen das Leben nimmt…
Schließlich verabschieden Christian und ich uns und ich laufe am Bannwaldsee vorbei durch eine offene Wiesenlandschaft voller rosa Mehlprimeln nach Trauchgau, wo wir uns wieder sehen.
Ab hier sehen wir nicht mehr so viele Leute, die das schöne Wetter nutzen und laufen durch Weiden voller Kühe weiter in Richtung der Wieskapelle. Vorher begegnet uns eine Gruppe von jungen Frauen auf Fahrrädern, die den Junggesellinnenabschied, einer von Ihnen feiern. Wir tauschen Schokolade gegen Schnaps und bekommen eine Zahnbürste geschenkt, sehen unsere Beißwerkzeuge wirklich so bedürftig aus?
Es regnet jetzt leicht, und als wir einen schnuckeligen, leicht voll geschissenen Viehunterstand erreichen, beschließen wir, dass er unser Nachtquartier wird.