23.10.2021 Tag 220 Von der Bode zum Brocken
Das Dach ist denn doch leider nicht wirklich dicht, und da die Hütte auf abschüssigem Gelände steht, fließt das Regenwasser rein. Nichts desto trotz finde ich eine trockene Ecke, wache aber irgendwann auf, weil es nass wird. Es tropft durch die Decke und der Boden der Hütte ist ziemlich feucht. Also lege ich mich auf die Bank, die aber mit 40 Zentimetern reichlich schmal ist. Zu allem Überfluss klart es nachts auf, und wird ziemlich kalt, so dass ich zum ersten Mal mit Daunenjacke im Quilt schlafe, der auch nicht mehr besonders wärmt, da er wohl schon viele Federn gelassen hat.
Nach einer nicht besonders angenehmen Nacht laufe ich im Licht des Vollmonds gegen 6:30 wieder los. Teilweise verläuft der Weg auf einem Pfad, der von einigen beim Sturm umgefallenen Fichten stellenweise blockiert wird, und daher einige Klettereien erfordert.
Als es hell wird, laufe ich wieder entlang der Bode nach Neuwerk, wo die Schornsteine in der morgendlichen Kälte rauchen. Immerhin hat es letzte Nacht an manchen Stellen gefroren…
Rübeland wird von markanten Klippen überragt, mit den Buchen im Herbstlaub in der Morgensonne ein wunderschönes Bild.
An einem Rastplatz kann ich meinen Blogpost von gestern hochladen. In der Nähe gibt es zwei bekannte Höhlen, in denen man sogar Knochen von Höhlenbären entdeckt hat. In der Umgebung fallen die ausgedehnten Halden des Kalksteinabbaus auf. Auch heute treffe ich wieder etliche Hexenstiegwanderer, dieser Weg scheint ziemlich populär zu sein.
Bald gelange ich in große Kahlschlaggebiete. Bis an die Bode ran, wurden sämtliche, von Borkenkäfern zum Absterben gebrachte Fichten gefällt. Heute werde ich gar keine älteren Fichten mehr passieren! Es überwiegt der Eindruck einer stark zerfahrenen Steppenlandschaft. Bis vor kurzem stand hier überall alter Fichtenwald!
Auch die Umgebung der Talsperre Königshütte wurde von den Kahlschlägen nicht ausgespart, obwohl Wasserschutzgebiet. In Fallrichtung verlaufen die Rückegassen teilweise fast bis ans Ufer. Das Betreten des Wasserschutzgebietes ist übrigens verboten…
Ich sehe eine Öllache und kann mir kaum vorstellen, dass diese riesigen Kahlschläge keine Auswirkungen auf die Wasserqualität haben….
Nur die wenigsten Flächen sind schon bepflanzt, was grundsätzlich nicht schlecht ist, da man so vielleicht mit Birken und Aspen arbeiten kann, die sich in der Regel von alleine einstellen. An einer Stelle sehe ich, wie Lärchen auf Pflugstreifen gepflanzt wurden. Forstlicher Ackerbau, statt naturnaher Waldwirtschaft eben.
Richtig krass wird es unmittelbar vor Drei Annen Hohne. Auf einer riesigen Fläche wurde das Holz auf Wälle geschoben und dazu die ganze Fläche komplett befahren! Was für eine Bodenzerstörung unmittelbar an der Grenze des Nationalpark Harz! Auch wenn das Bodenschutzgesetz offenbar blind im Wald ist, das ist einfach zu viel und sollte auf jeden Fall sanktioniert werden, womöglich sogar als Eingriff nach dem Naturschutzrecht. Ich habe ja schon viel in der Richtung gesehen, aber so etwas Krasses ist mir noch nicht unter gekommen! Natürlich weiß ich nicht, wem dieser Wald gehört, aber so etwas sollte in jeder Besitzart undenkbar sein.
Am Bahnhof Drei Annen Hohne ist viel los und die Dampflok zum Brocken fährt gerade ein. Eine nette Broschüre spricht davon, dass nur in einer 500 Meter breiten Pufferzone zum angrenzenden Wirtschaftswald Käferfichten gefällt werden, ich erhalte dann jedoch den Eindruck, dass hier 500 Meter weiter als sonst sind. Teilweise sind die abgestorbenen Fichten stehen geblieben, dazwischen gibt es aber auch immer wieder Kahlschläge.
Meist hat man mit dem Harvester einen 10 Meter Streifen entlang der Wege geräumt, dennoch liegen einige Fichten über den Wegen. Obwohl ich die Bilder hier als ziemlich bedrückend empfinde, sind zahllose Leute auf den Wegen. Weiter oben endet dann auch die Zone der Kahlschläge und graue Baumleichen prägen das Bild. Schließlich suche ich mir einen Lagerplatz in einem der wenigen, grünen Fichtenjungbestände am Weg. Nicht besonders eben und mit kaltem, nassen Boden, aber es wird schon gehen…
Lieber Gerald, ich hoffe, dass Deine Schock-Fotos und Beschreibungen aus dem Harz in ganz Deutschland Verbreitung finden und so manchem politisch Verantwortlichen endlich die Augen öffnen.
Das wäre schön!