18.7 2021 Tag 131 Über die Schmücke zur Hohen Schrecke
Der Sonnenaufgang über der Abbruchkante beleuchtet die abgestorbenen Buchen, schaurig, schön!
Eine ganze Zeit folge ich einem Pfad entlang der Abbruchkante weiter. Das ist viel schöner, als auf breiten Holzabfuhrwegen zu laufen!
Irgendwann gelange ich an Schilder, die darauf hinweisen, dass sich hier ein Standortübungsplatz befindet, den man nicht betreten darf. Ein Stück laufe ich querwaldein und gelange auf einen anderen Weg, wo ziemlich viele Eichen aufgestapelt sind. Etwas später gelange ich dann an eine Tafel, die erklärt, dass sich hier die Naturerbestätte Östliche Hainleite befindet. Die 450 Hektar liegen auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz, der von 2001 bis 2014 forstwirtschaftlich genutzt wurde und jetzt zur Wildnis werden soll. Schade, dass der angrenzende Übungsplatz offenbar noch gebraucht wird…
Ich überquere die Unstrut in der Thüringer Pforte und bin dann bald wieder im Wald. Der Weg paralell zum Waldrand ist etwas zugewachsen, daher laufe ich lieber unmittelbar an der Waldkante, muss dann aber schließlich querwaldein hangaufwärts laufen, was gar nicht so einfach ist. Jedenfalls hinterlassen die Brombeerranken deutliche Spuren auf meinen Beinen…
Ich gelange aus dem Wald und folge einem Pfad über einen offenen Kalkhöhenzug, der mit einer steppenähnlichen Vegetation bewachsen ist. Faszinierend, früher im Jahr blühen hier bestimmt einige Orchideen.
Ich lege schon ziemlich früh meine lange Pause ein, weil einige Kirschbäume darauf warten, von mir geplündert zu werden!
Schließlich geht es wieder in den Wald, der hier aus Schwarzkiefern besteht. Diese Baumart wächst hauptsächlich im Mittelmeerraum und kommt gut mit Trockenheit zurecht. Das hat man ausgenutzt, um einen Teil der ehemaligen Trockenrasen aufzuforsten. Eigentlich schade! Unter den Schwarzkiefern hat sich Naturverjüngung von Eschen, Ahornen u.s.w. eingestellt, der künftige Wald wird also wiederum anders aussehen. Allerdings gibt es hier viele Waldreben. Diese Liane kann Bäume regelrecht erdrücken und die Waldentwicklung lange Zeit verzögern, was ich auch schon im Forstamt Pfälzer Rheinauen gesehen hatte.
Ich folge einem Kalkrücken auf dem viele Buchen abgestorben sind. Aber auch die weitere Umgebung ist großflächig aufgelichtet. Nur noch einzelne Altbäume stehen über der Verjüngung, dennoch wurden am Rand unlängst noch Bäume gefällt. Eine Schild verrät, dass eine eingezäunte Miniflläche zum BioWild Projekt der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft gehört. Natürlich sind die Jungbäume im Zaun höher, obwohl unmittelbar angrenzend ein Hochsitz steht, von dem aus gejagt wird. Ich finde es schade, dass es in diesem Projekt, welches die Auswirkungen unterschiedlicher Jagdintensität auf die Waldverjüngung erforscht, keine Flächen gibt, auf denen gar nicht gejagt wird.
Ansonsten gibt es hier offenbar relativ viele mittelalte Buchenbestände, die mit den üblichen Rückegassen im 20 Meter Abstand erschlossen sind. Überall hat sich dichte Naturverjüngung eingestellt, aber der Mutterbestand darüber ist schon ziemlich locker, obwohl noch nicht besonders stark.
Irgendwann höre ich die Geräusche von Geländemotorrädern, und mache mich fotografiefertig. Der eine Fahrer fährt dann tatsächlich unmittelbar an mir vorbei, der Andere dreht dagegen ab. Krass, das diese Leute es sich trauen, am Sonntagnachmittag den Wald unsicher zu machen. Hoffentlich legen sie Reifenpannen und Motorschaden lahrm!
Am Waldausgang verkündet eine Tafel, dass dieser Wald naturgemäß bewirtschaftet wird und nach FSC zertifiziert ist. Na ja, ein kurzer Eindruck kann täuschen, aber das sah mir jetzt nicht danach aus…
Nach einem kurzen Intermezzo im Offenland erreiche ich das Waldgebiet der Hohen Schrecke. Von den insgesamt etwa 6500 ha sind 2000 ha komplett aus der Nutzung genommen worden, der Rest soll im Einklang mit den Naturschutzzielen bewirtschaftet werden. Bei meinem Termin morgen früh, werde ich darüber sicher mehr erfahren.
Hier wurden gerade frisch abgestorbene Fichten und Lärchen aufgearbeitet und gleich gerückt. Bei der Nässe zur Zeit sind dabei natürlich tiefe Spuren entstanden, wie immer auf Rückegassen im 20 Meter Abstand. Hätte man nicht ein wenig warten können, bis es wieder trockener ist?
Die Hohe Schrecke war lange Zeit militärisch genutzt, daher konnten sich alte Buchenbestände in erstaunlicher Flächengröße und Geschlossenheit erhalten. Aber als ich mir einen gerade ausgezeichneten, etwa 100- jährigen Bestand anschaue, trifft mich fast der Schlag: Häufig sind mindestens 5 Baumnachbarn mit Farbstrichen versehen worden! Das ist ein halber Kahlschlag, der das Bestandesklima total verändern wird, und die verbleibenden Bäume noch anfälliger für Hitzeschäden macht. Das ist garantiert keine naturverträgliche Bewirtschaftung!
Bisher hebt sich die Hohe Schrecke jedenfalls noch positiv gegen das Umland ab, weitgehend geschlossene Bestände und vergleichsweise wenig Schäden. Allerdings gibt es auch hier nicht nur Laubbäume, sondern auch Fichtenbestände, die größtenteils bereits abgestorben sind.
Schließlich schlage ich mein Freiluftlager an einem sehr schönen Fleckchen mit uralten Eichen und Buchen auf. Die untergehende Sonne taucht den Wald später in goldenes Licht.