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25.06.2021 Tag 108 Naturschutz im Steigerwald – Waldbegeisterung

25.06.2021 Tag 108 Naturschutz im Steigerwald

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Um 8:30 treffe ich am Forstbetrieb Ebrach Barbara Ernwein, seit Mai Leiterin des 17.000 ha großen Betriebs der Bayerischen Staatsforsten. In 9 Revieren sind insgesamt 60 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 8 Auszubildende. Das Forstamt ist von Laubwald geprägt, lediglich im Wesentlichen außerhalb des eigentlichen Steigerwalds wachsen zu etwa 30 % Nadelbäume. Etwa 88.000 Kubikmeter Holz werden jährlich vom Forstbetrieb verkauft. 

Im Wald treffen wir uns mit Revierleiterin Ellen Koller, die mir mit Frau Ernwein, dass Naturschutzkonzpt des Forstbetriebs Ebrach erklärt. Es regnet, daher kommt der überdachte Pavillon hier ganz recht. Obwohl alte Laubwaldbestände das Bild des Forstbetriebs prägen, waren 2006 lediglich 37 ha über 180 Jhre alt. Es gibt hier 6 Naturwaldreservate mit insgesamt 430 ha Größe, die teilweise bereits Ende der 70’ er Jahre ausgewiesen wurden. 2010 wurde dieses System um weitere Flächen ergänzt. Als Naturwald wurden 2020 in einem Gebiet 850 ha komplett aus der Nutzung genommen, um die 600 ha davon neu. Diese größeren Stillegungsflächen wurden seit 2012 um sogenannte Trittsteine von 2- 20 ha Größe ergänzt. In Summe sind derzeit also etwa 10 % der Betriebsfläche komplett aus der forstlichen Nutzung genommen, was zwar nennenswerte Flächen sind, aber lediglich dem Schnitt der Prozessschutzflächen in Bundesländern wie Hessen oder Rheinland- Pfalz entspricht. 

Diese Flächen sollen als „Spenderflächen“  dienen, was die Ausbreitung der Arten in bewirtschaftete Bereiche angeht. 

Das System der Flächen ohne forstliche Nutzung wird durch Extensivierungsflächen ergänzt. In den naturnahen Laubwaldbeständen über 140 Jahre, ist auf insgesamt 2847 ha das Ziel 10 Biotopbäume pro Hektar auszuweisen und eine Totholzmenge von 40 Kubikmetern/ ha vorzuhalten. Aktuelll liegt dieser Wert nur bei der Hälfte. Die Biotopbäume werden markiert, jedoch nicht dokumentiert. Zudem wird für die Markierung bisher lediglich nicht dauerhafte Sprühfarbe verwendet. Eine Kennzeichnung mit Plaketten, wie beispielsweise bei Peter Langhammer in Eichelberg, wäre deutlich besser, außerdem fände ich ich sinnvoll, die Zahl der Biotopbäume abteilungsweise beispielsweise in einem betrieblichen GIS zu erfassen. 

Zu den Biotopbäumen zählen alle Bäume über 80 cm Durchmesser, sowie Bäume die Mikrohabitate aufweisen. Die Totholzanreicherung soll im Wesentlichen durch das bewusster Liegenlassen von schlechteren Holzqualitäten erreicht werden. In den Beständen über Alter 100 soll die Totholzmenge lediglich 20 fm/ ha erreichen, Biotopbäume werden auch hier ausgewiesen. Einige Untersuchungen zeigen erste Erfolge dieses Konzepts, beispielsweise was die Ausbreitung von Stachelbärten angeht, einer Gruppe von Totholzpilzen. 

Nach der theoretischen Einführung sehen wir uns dann Bestände an, wo frisch gearbeitet wurde. Tatsächlich sind überall markierte Biotopbäume zu sehen und die Menge des nicht aufgearbeiteten Holzes ist imposant. 

Etliche Buchen zeigen Kronenschäden, wobei lediglich recht wenige Einzelbäume bislang abgestorben sind. Weißtannen, die in diesem Laubwaldgebiet wohl nicht ursprünglich vorkamen, werden an manchen Stellen durch Pflanzung eingebracht. Der Rückegassenabstand liegt in der Regel bei etwa 40 Metern. 

Seit etwa 10 Jahren wird im Steigerwald intensiv über die Einrichtung eines Nationalparks diskutiert. Mit dem Naturschutzkonzept soll dargestellt werden, dass ein solcher überflüssig ist, da man die Ziele des Biodiversitätserhalts auch mit diesem integrativen Modell erreichen kann. Ist das wirklich so?

Zunächst muss man feststellen, dass es auf einige untersuchte Artengruppen wie die Totholzkäfer tatsächlich positive Entwicklungen gibt. Das Naturschutzkonzept ist also durchaus erfolgreich und sollte meiner Meinung nach von anderen Forstbetrieben übernommen werden. Aber kann es einen Nationalpark ersetzen? Meiner Meinung nach nicht. Auch bei einer noch so schonenden Bewirtschaftung gibt es etliche Effekte, die es in einem Naturwald eben nicht gibt. Das reicht von der Befahrung der Flächen zur Holzernte, über die Menge an Totholz, das nicht besonders hohe Alter, dass die meisten Bäume erreichen, bevor sie geernet werden, bis zum ständigen Entzug von Biomasse die vielleicht von den Zersetzerketten benötigt wird, zu deren optimalen Funktionieren. Ein Schwachpunkt der Untersuchungen ist, dass sie noch nicht lange laufen. Was gibt es für Effekte, die erst nach langer Zeit sichtbar werden, wissen wir wirklich soviel wie wir denken?

Weiterhin muss man sagen, dass es sich um ein freiwilliges Konzept handelt, das schnell geändert werden kann, wenn beispielsweise der Bedarf nach dem Rohstoff Holz steigt. Schon jetzt wäre es vielleicht wichtig, die Altbestände auch nicht durch noch so geringe Eingriffe zu öffnen und so anfälliger gegen Dürre und Hitze zu machen. Lässt sich das in einem Wirtschaftswald umsetzen, der unter Anderem 25 regionale Sägewerke zu versorgen hat, ebenso wie die Brennholznachfrage der Menschen aus den umliegenden Gemeinden?

Ich bin ja schon eine weite Strecke durch Bayern gewandert, aber in ein großes, altes Laubwaldgebiet bin ich erst im Steigerwald gekommen, obwohl  früher die meisten Wälder ähnlich ausgesehen haben. Sollte es da nicht wichtig und möglich sein, dieses Gebiet auf einer relativ kleinen Fläche von 10.000 ha in einem Nationalpark wirklich konsequent zu schützen? So ist es auch kaum vorstellbar, dass lokale Säger und Brennholzkunden ernsthafte Probleme bekommen, wenn die Holzmengen aus einem künfitgen Nationalpark entfallen. Dafür erscheinen mir Fläche und Menge des Holzes die hier nicht mehr genutzt werden zu klein. Aber selbstverständlich muss das sorgfältig geprüft werden, dann werden sich bestimmt gute Lösungen finden!

Auf der anderen Seite hat sich ein Nationalpark auch stets als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung herausgestellt. So könnte der Tourismus im Steigerwald vielleicht einen regelrechten Aufschwung nehmen, wie das in anderen Nationalparkregionen der Fall war. 

Nach unserem gemeinsamen Termin fährt mich Frau Ernwein zum Parkplatz Handthal wo ich einen Spaziergang mit einer Delegation der Freunde des Nationalparks unternehme. Hier wird mir gezeigt, wie der Bereich zwischen den Naturwaldreservaten Waldhaus und Brunnstube, der über eine Vielzahl von Altbäumen verfügt, und bereits kurzzeitig gesetlich geschützt war, aus wirtschaftlichen Gründen dann doch wieder in die Nutzung genommen wurde. 

Anschließend erscheinen TV-O und der BR um einen kleinen Beitrag zu drehen, bei dem es vor allem um meine Wanderung geht, aber auch um den zukünftigen Nationalpark.

Später lassen wir den Tag noch in einem Biergarten ausklingen. 

Ausbreitung der Stachelbärte

Unterwegs mit Barbara Ernwein und Ellen Koller

Viel Restholz wird in Einschlagflächen belassen

Tannenpflanzung

Trittsteinmarkierung

Brennholzaufarbeitung

Eichennaturverjüngung

Das wäre ein wichtiges Naturwaldgebiet!

Naturwaldreservat Waldhaus

Eschentriebsterben

Unterwegs mit den Freunden des Nationalparks

Fernsehdreh mit dem BR

Genau!

TV-= ist auch dabei

Kloster Ebrach


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2 Gedanken zu „25.06.2021 Tag 108 Naturschutz im Steigerwald

  • 1. Juli 2021 um 21:42
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    Gut beobachtet und gut sachlich beschrieben. Das kann ich nur unterstreichen mit meinen gefühlsbetonteren Worten. Für mich ist Wald ja mehr als die Summe aller Objekte, die man aufzählen kann. Ich sehe den Wald mit meinem Herzen, in der Art vielleicht wie es der Kleine Prinz vielleicht auch durchleben hätte könnte. Als ich damals vor 36 Jahren an den Steigerwald zog, hat mich diese Buchenwaldgesellschaft auch sofort verzaubert. Um seine versteckt lebende Tierwelt zu erleben, insbesondere die Salamander in der unerwartet großen Zahl und Fülle neben anderen Amphibien im regendurchnässten Laub, ist jede Wanderung im strömenden oder nieselnden Regen ein Genuß. Leider durchschneiden immer aufdringlichere Rückegassen dieses grünbraune Universum, gesäumt von verletzten zurückgelassenen Randbäumen. Schwere Maschinen wirken wie außerirdische Aliens und reißen ihre Bahnen in den Laubhimmel und vertreiben dieses feine Gleichgewicht, das man fühlt, wenn man still und andächtig mit all seinen Sinnen angespannt den Wald durchschreitet. Am besten geht man barfüßig. Die vielen Schluchten und Abgründe sind außergewöhnlich, gefüllt dort mit ruhigem Wasserlachen und anderswo zwischen Stein, Kies und Moos angereichert mit dem fröhlichen Plätschern des noch jungen und klaren Waldbächleins. Das ist das unverfälschte innere Bild dieses prächtigen Naturraums, der von den großen alten Buchenleibern wie starke Sehnen und Adern durchwachsen ist, die ans Licht streben und viele ihrer Kinder an ihren Wurzeln mit Nährstoffen mitversorgen. Wer genau hinschaut, der erkennt keine Konkurrenz unter ihnen sondern ein wunderbar eingespieltes Miteinander, eine ungewöhnliche Mannigfaltigkeit, die anderswo so nicht mehr zu finden sein wird. Danke für jede Hand, die dieses Naturreich für unsere Kinder zu bewahren hilft.

    Antwort
    • 3. Juli 2021 um 6:38
      Permalink

      Sehr schön ausgedrückt!

      Antwort

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